Der Rezensent

Stefan Breuer, wiss. Mitarbeiter der Pro­­fessur für poli­ti­sche Bildung an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der TU Dresden

Bücher zum Thema Nationalismus

Ein Blick in die Medienlandschaft zeigt: Das Thema Nationalismus ist 2024 aktueller denn je. In Folge des durch die Correctiv-Recherchen aufgedeckten Treffens von ex­trem rechten Akteur*innen mit dem Ziel der Deportation und Vertreibung von Millionen Menschen kommt es landesweit zu unzähligen Demonstrationen und Aktionen, die sich u. a. gegen nationalistische Bestrebungen wenden. Daneben wird der russische Angriffskrieg in der Ukraine bis zum heutigen Tag fortgeführt. Überdies scheint die Chance einer zweiten Amtszeit durch Donald Trump immer reellere Züge anzunehmen und in Form des im Wahlkampf angekündigten nationalistischen Projekts eine noch beängstigendere zweite Amtszeit zu versprechen. All das trifft die Welt in einem Zustand multipler Krisen. Einer Zeit, in der auf globale Fragen immer wieder nationale Antworten gesucht werden. Zuletzt war dies prominent in der Corona-Pandemie zu erleben. Aber auch andere globale Herausforderungen, wie etwa der Klimawandel oder Fragen der internationalen Sicherheit, zeigen die Problematik nationalistischer Lösungsvorschläge. Kurzum: Eine intensivere Beschäftigung mit dem Phänomen des Nationalismus und seiner Wirkmächtigkeit scheint lohnenswert und mehr als zeitaktuell. Im Folgenden werden daher vier aktuelle Bücher besprochen, die Nationalismus aufgreifen und aus unterschiedlichen Perspektiven zugänglich machen.

Thorsten Mense: Kritik des Nationalismus. Schmetterling Verlag: Stuttgart 2023, 226 Seiten

In der zweiten Auflage seines Buches bietet Thorsten Mense nach eigener Einschätzung eine aktualisierte „Momentaufnahme“ (S. 9) zur Diskussion um Nationalismus an, in der gegenwärtige Entwicklungen des (welt-)politischen Geschehens Berücksichtigung finden. Das Buch bietet insgesamt einen fundierten Einstieg zur Frage, warum sich Nationalismus nach wie vor als wirkmächtige Ideologie präsentiert und dabei gesellschaftlichem Wandel, Transformations- und Globalisierungsprozessen trotzt (S. 206). Auf Basis der Kritischen Theorie erarbeitet Mense zunächst sein Begriffsverständnis von Nation und Nationalismus, gefolgt von einer ideologiekritischen Auseinandersetzung mit eben diesen Phänomenen. Zentral ist hier die Rahmung von Nationalismus als ambivalentes und widersprüchliches Phänomen in Form der Verschränkung einer Inte­grations- und Ausgrenzungsideologie (S. 29). Auf dieser Basis beschäftigt sich der zweite Schwerpunkt des Buchs mit einem historisch angelegten, globalen Überblick über nationale Befreiungsbewegungen sowie einer kritischen Auseinandersetzung mit der nationalen Frage in linken Bewegungen. Für eine einführende Beschäftigung mit dem Thema Nationalismus liegt in genau dieser Schwerpunktsetzung ein Vorzug der Schrift. So bietet die Herausarbeitung der dialektischen Verschränkung in Form des Ambivalenzphänomens eine wertvolle Perspektiverweiterung an, die über die sonst übliche Fokussierung natio­nalistischer Exklusion hinaus geht und…

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