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Die Autorin

Barbara Pongratz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Interkulturelle und Internationale Studien (InIIS) der Universität Bremen.

Zwischen Wirtschaftswachstum und globaler Verantwortung

Chinas Weg zum Klimaschutz

China strebt danach, bis 2060 CO2-neutral zu werden und den Höchststand der CO2-Emissionen vor 2030 zu erreichen. Mit einer Strategie, die den Ausbau erneuerbarer und fossiler Energien kombiniert, positioniert es sich als globaler Akteur im Klimaschutz. Kann China so wirtschaftliches Wachstum und Klimaverantwortung in Einklang bringen?

Früher war der Himmel über der chinesischen Hauptstadt Beijing von Smog durchzogen. Vor einem Jahrzehnt konnte man in der Stadt kaum atmen. Inzwischen ist eine dramatische Veränderung erkennbar. Heute glänzen Solarpaneele auf den Dächern der Hochhäuser und Windparks erstrecken sich über weite Landstriche als Symbole eines umfassenden Wandels. China setzt sich nun als Vorreiter im globalen Klimaschutz in Szene. Doch der Weg zur Dekarbonisierung ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Inmitten von Wirtschaftswachstum und industrieller Expansion muss China seine ehrgeizigen Klimaziele mit den Herausforderungen einer wachsenden Wirtschaft in Einklang bringen – ein Balanceakt, der den globalen Klimaschutz prägt.

Eine vergleichende Analyse zeigt: China ist trotz dieses Wandels derzeit mit Abstand der größte Emittent von Treibhausgasen weltweit. Seine jährlichen Emissionen übersteigen mittlerweile die der EU und der USA zusammengenommen. Jedoch sieht das Bild mit Blick auf die kumulativen bzw. historischen Emissionen gänzlich anders aus – ein Aspekt, der in der Debatte zu wenig betont wird. Daten aus dem Jahr 2023 zu den kumulativen CO2-Emissionen zeigen, dass der größte historische Emittent, die USA, bislang etwa 23,8 % der globalen Gesamtemissionen produzierten, gefolgt von der EU mit rund 16,5 % und China mit 15,0 %. Neuere Daten zeigen, dass China die EU in 2024 überholt hat (siehe Abb. 1). Diese Werte, die die Emissionen seit 1850 umfassen, verdeutlichen die historische Verantwortung der Industrienationen für den Klimawandel. Daher ist die Rolle der EU und Chinas, zumal das Bekenntnis der USA zum globalen Klimaschutz unbeständig ist, von entscheidender Bedeutung. Im Juli 2023 einigten sich die EU und China im Rahmen ihres vierten hochrangigen Dialogs zu Umwelt- und Klimafragen auf eine bemerkenswerte gemeinsame Erklärung: „Grün ist die kennzeichnende Farbe der EU-China-Beziehungen“ (DG Clima 2023).

Chinas 2060/2030-Klimaziele: Ein Plan mit globaler Bedeutung

China hat seine Verantwortung im globalen Klimaschutz jedoch nicht erst seit 2024 erkannt. Die übergeordnete Klimaschutz-Strategie Chinas heißt „Dual Carbon Goals“ oder auch die 2060/2030-Ziele (Xu u. a. 2023). Bereits im September 2020 verkündete Präsident Xi Jinping auf der UN-Generalversammlung das Ziel, China bis 2060 CO2-neutral zu machen. Dieses Vorhaben wird begleitet von der Zusage, dass Chinas CO2-Emissionen noch vor 2030 den Höchststand erreichen werden. Das deutet darauf hin, dass China vorhat, innerhalb von ca. 30 Jahren vom CO2-Höchststand zur CO2-Neutralität zu gelangen. Das ist deutlich kürzer, als es viele Industrieländer planen, die beabsichtigen, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Dies ist auch ein Punkt, den China oft in internationalen Diskussionen betont. Die meisten europäischen Länder und die USA haben bereits in den 1990er Jahren ihren CO2-Höchststand erreicht. Sie würden sich damit deutlich mehr Zeit lassen – über 50 Jahre bis 2050 anstatt 30 Jahre – als China, um vom CO2-Höchststand zur CO2-Neutralität zu gelangen. Diese eigene, kürzere Zeitspanne hebt China selbstbewusst hervor, um klarzumachen, dass es den Übergang zur CO2-Neutralität schneller und effizienter schafft.

China steht noch vor der entscheidenden Aufgabe, den sogenannten „CO2-Peak“ zu bewältigen. Dieses Ziel ist von zentraler Bedeutung für den globalen Klimaschutz. Der Zeitpunkt, an dem China diesen Wendepunkt „vor 2030“, wie die Entscheidungsträger es angeben, erreicht, wird weitreichende Auswirkungen auf die Erreichung der internationalen Klima­ziele haben. Gleichzeitig würde eine Verzögerung des chinesischen Fahrplans den Druck auf alle anderen Akteure erheblich erhöhen, ihre Emissionen schneller und drastischer zu senken. Zudem würde es die Wahrscheinlichkeit stark verringern, das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens einzuhalten. China wird aller­dings mit hoher Wahrscheinlichkeit seinen CO2-Höchststand einige Jahre früher als 2030 erreichen, ein entscheidender Punkt in der globalen Klimadebatte, auf den Beobachter:innen aufmerksam blicken. In den letzten Jahren hat der rasante Ausbau erneuerbarer Energien bereits dazu geführt, dass der Höhepunkt der Emissionen in Reichweite scheint – derzeit wären das sechs Jahre vor dem geplanten Zeitpunkt. Dennoch bleibt unklar, ob dieser Trend anhalten wird, ob die abflachenden Emissionen nur eine Erscheinung der wirtschaftlichen Stagnation sind und ob China die nötige Dynamik beim Ausbau der erneuerbaren Energien beibehalten kann.

China vereint wie kaum ein anderes Land Wirtschaftswachstum mit Klimaschutz, wobei viele noch denken, dass sich diese beiden Dinge ausschließen. Im Jahr 2023 stammten 40 % des Zuwachses seines Bruttoinlandsprodukts aus den sogenannten „neuen drei Industrien“: der Produktion von Solarpaneelen, Batterien und Elektrofahrzeugen (Myllyvirta 2024). Dieses Zusammendenken und auch die tatsächliche Umsetzung von wirtschaftlicher Entwicklung und Dekarbonisierung ist charakteristisch für Chinas Strategie im globalen Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Eine Strategie, die es im Grunde in der EU ebenfalls gibt. Jedoch hakt es dort noch an einer effektiven Umsetzung.

Klimaschutz hat in China die höchste Priorität auf der politischen Führungsebene und ist ein persönliches Anliegen des Präsidenten und Generalsekretärs der KPCh, Xi Jinping. Die Grundlage für dieses Engagement liegt in Chinas eigener Erfahrung mit schwerwiegender Luftverschmutzung. Diese beeinträchtigte Ende der 2000er Jahre und zu Beginn der 2010er Jahre nicht nur die Lebensqualität, sondern löste auch sozialen Unmut aus. Diese Herausforderungen gaben den Anstoß, den Umwelt- und Klimaschutz stärker zu priorisieren und Strategien zu entwickeln, den Klimaschutz voranzutreiben. Die jährlich zunehmenden Kosten, die etwa durch lange Hitzeperioden und Dürren hervorgerufen werden, belaufen sich bis 2060 schätzungsweise auf 1,5 bis 4,8 % des BIP (Sun u. a. 2024). Diese Perspektiven sind ein weiterer wichtiger Grund dafür, dass China den Klimaschutz ernst nimmt.

Der Klimaschutz steht in China als Ziel weit oben auf der Agenda. Er befindet sich jedoch in einem Wettbewerb mit anderen Zielen, so etwa der Stabilität des Regimes, dem wirtschaftlichen Wachstum – wo es nicht mit der Dekarbonisierung vereinbar ist – und der technologischen Führung (Grünberg/Holzmann 2021). China verfolgt seine Klimapolitik in einem selbstbestimmten Tempo, wobei politische Dokumente den Schwerpunkt auf eine „geordnete“ und schrittweise Transformation legen. Obwohl China seine Klimapolitik überwiegend von internen Parametern leiten lässt, gibt es Beispiele für internationalen Einfluss. Ein prominenter Fall ist die Ankündigung von Xi Jinping im Jahr 2021, neue Projekte zum Kohleabbau im Ausland nicht mehr finanziell zu unterstützen. Diese Entscheidung war das Ergebnis intensiver Vorbereitungen und Bemühungen zahlreicher internationaler Stakeholder, sowohl innerhalb als auch außerhalb Chinas. Sie zeigt, dass externer Einfluss in bestimmten Fällen, insbesondere wenn er mit internen Interessen und langfristigen Zielen harmoniert, durchaus Wirkung entfalten kann. Ansonsten werden die internen Ziele des Landes jedoch autonom definiert. Was das Tempo und den Umfang der CO2-Emissionsreduzierung betrifft, ist China durch externen Druck nicht mehr zu beeinflussen.

Spannungsfeld Kohlenutzung und Ausbau der Erneuerbaren

Der fossile Energieträger Kohle bleibt ein zentraler Bestandteil der Energiegewinnung in China. 2023 wurden 61 % des Stroms aus Kohle gewonnen (Pawlik 2024). Der andauernde Abbau von Kohle wird von internationalen Partnern oft kritisiert. Ähnlich wie in anderen Ländern stellt in China der Kohlesektor eine wichtige wirtschaftliche Stütze dar, da er Millionen Arbeitsplätze sichert. Kohlekraft bleibt eine verlässliche Energiequelle, bei der China auf keine ausländischen Partner angewiesen ist und deren Verlässlichkeit auch nicht durch Wetterbedingungen beeinträchtigt wird. Wie stark China auf Kohle setzt, zeigt die Provinz Shandong, die allein deutlich mehr Kohle produziert als die gesamte EU zusammen. Die Stromausfälle in den Jahren 2021 und 2022 führten zu einem Strategiewechsel in Chinas Energiepolitik. Statt den Kohleausbau zu reduzieren, verstetigte das Land den Fokus auf Kohle als Energiequelle. Erst im Zeitraum des kommenden 15. Fünfjahresplans zwischen 2026 und 2030 soll die Kohleabhängigkeit schrittweise ­reduziert und der Kohleanteil an der Energieversorgung zugunsten erneuerbarer Energien gesenkt werden (Wang/Gopal 2023). Bis dahin bleibt Kohle vorerst ein zentraler Bestandteil der Energieversorgung.

China hält aber nicht nur am intensiven Kohleabbau fest, sondern treibt auch den Ausbau erneuerbarer Energien in einem beispiellosen Tempo voran. Das Land installierte im Jahr 2023 mehr Kapazitäten für erneuerbare Energien als alle anderen Länder der Welt zusammen. Insbesondere bei Solarenergie ist China weltweit führend. Rund 80 % aller Solarmodule werden dort hergestellt. Ursprünglich stammte die Technologie für Solar­paneele aus Ländern wie Deutschland. Doch China hat es geschafft, durch Skaleneffekte, intensiven heimischen Wettbewerb und politische Fördermaßnahmen eine globale Spitzenposition einzunehmen. Zusätzlich hat China im In- und Ausland strategisch investiert, um sich die erforderlichen Rohstoffe für Solarmodule und andere grüne Technologien zu beschaffen, dabei höchst effiziente Weiterverarbeitungs-Prozesse entwickelt, und somit faktisch ein Monopol in der globalen Lieferkette aufgebaut. Eine Kombination aus technologischem Fortschritt, wirtschaftlicher Strategie und staatlicher Unterstützung hat chinesische Unternehmen nicht nur zu Marktführern gemacht. Auch die Kosten für erneuerbare Energien wurden weltweit gesenkt. China verfolgt ähnliche ambitionierte Pläne auch bei anderen Technologien, z. B. bei Windkraft und Wasserstoff. So investiert das Land massiv in die Entwicklung von grünem Wasserstoff, um eine CO2-neutrale Industrie zu fördern. Gleichzeitig setzt China auf eine rasante Expansion der Windenergie, sowohl an Land als auch in Offshore-Projekten. Es hat bereits jetzt die weltweit größte Kapazität in diesem Sektor aufgebaut. Diese strategischen Maßnahmen unterstreichen das Ziel, sich als globaler Vorreiter in verschiedenen Schlüsseltechnologien für die Energiewende zu etablieren.

Chinas Klimastrategie mag auf den ersten Blick ambivalent erscheinen. Doch hinter dieser vermeintlichen Widersprüchlichkeit verbirgt sich eine durchdachte und langfristig angelegte Strategie, die Xi Jinping unter dem Motto „先立后破“ (xiān lì hòu pò) („Erst aufbauen, dann zerbrechen“) definiert hat. Der Plan sieht vor, zunächst ein stabiles, erneuerbares Energiesystem aufzubauen, bevor fossile Energieträger schrittweise abgebaut werden. Damit sichert China einerseits seine kurzfristige Energieversorgung und legt andererseits zugleich die Grundlage für eine langfristige Dekarbonisierung. Allerdings steht diese Strategie vor Herausforderungen. Ein unterent­wickeltes Stromnetz und ein ineffizienter Energiemarkt verhindern eine optimale Energieverteilung zwischen den Provinzen. Dies verdeutlicht die Dringlichkeit, Infrastruktur umfassend auszubauen, um erneuerbare Energien effektiver zu integrieren und die Versorgungssicherheit mit den Klimazielen in Einklang zu bringen.

Emissionshandel und CO2-Fußabdruck: Bessere Datenbasis und mehr Transparenz

Um die Strategie der Dekarbonisierung umzusetzen, sind viele konkrete Maßnahmen und Instrumente erforderlich. Auch der Emissionshandel spielt hierbei eine zentrale Rolle. Seit 2021 existiert Chinas nationales Emissionshandelssystem (ETS), das nach intensiver Vorarbeit in heimischen Pilotprojekten und mit internationaler sowie europäischer Unterstützung eingeführt wurde. Auf Anhieb wurde es, was das Volumen der gehandelten CO2-Emissionen betrifft, zum größten ETS der Welt. Obwohl es bisher lediglich den Energiesektor abdeckt, erfasst es rund 40 % der chinesischen Emissionen. Ab 2025 werden nach und nach auch andere Sektoren integriert. Ein grundlegendes Problem besteht allerdings noch in der Art des Systems. Es handelt sich nicht um ein klassisches „Cap-and-Trade“-System, sondern um ein intensitätsbasiertes ETS. Dieses zielt darauf ab, die Emissionen pro Einheit des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu senken, anstatt die Gesamtemissionen zu verringern. Somit steigen die Emissionen, wenn das BIP wächst, was bedeutet, dass bisher keine absoluten Emissionsminderungen erzielt werden. Manche Beobachter sehen in der bisherigen Ausgestaltung des chinesischen Emissionshandelssystems (ETS) einen typischen Zwischenschritt im Entwicklungsprozess und sind zuversichtlich, dass China bald eine absolute Obergrenze („Cap“) für seine Gesamtemissionen festlegen wird. Dadurch könnten das ETS effektiver gestaltet und die nationalen Emissionen gezielt reduziert werden. Kritiker hingegen bemängeln die fehlende Wirksamkeit des Systems und betonen, dass trotz erheblicher Anstrengungen bei dessen Aufbau bisher keine tatsächliche Reduktion der Emissionen erzielt werden konnte. Im Vergleich dazu ist das EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) weiterentwickelt worden. Es wurde 2005 eingeführt und basiert auf dem Cap-and-Trade-Prinzip, das die Gesamtmenge der Emissionen begrenzt. Außerdem deckt der EU ETS mehrere Sektoren ab. Der CO2-Preis lag im letzten Jahr bei etwa 80 Euro pro Tonne, während er in China mit etwa 7 bis 8 Euro pro Tonne deutlich niedriger ist (Chen 2023).

Der EU-Mechanismus für die CO2-Grenzabgabe, der CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM), wird sich künftig nach dem hohen EU-CO2 Preis richten. Bei CBAM wird eine zusätzliche Abgabe auf Importe erhoben, die die Differenz zwischen den niedrigeren ausländischen CO2-Kosten und den höheren europäischen Preisen ausgleicht. Der Mechanismus soll den Import von emissionsintensiven Gütern in die EU aus Ländern wie China regulieren und sicherstellen, dass importierte Produkte mit den europäischen Klimazielen im Einklang stehen. CBAM fungiert als ein Instrument zur Vermeidung von „CO2-Leakage“. Das bezieht sich auf eine Situation, in der Unternehmen aufgrund strenger Umweltauflagen in einem Ursprungsland ihre Produktion in Länder mit weniger strengen Klimaschutzvorgaben verlegen, also Emissionen lediglich verlagern und die Wirkung von Klimaschutzmaßnahmen im ursprungsländlichen Kontext unterminieren. Der CBAM stellt eine logische Erweiterung des ETS-Systems dar, ist in China jedoch höchst umstritten, da es die eigenen Exporte verteuert.

Um die Nachvollziehbarkeit und Transparenz seiner Emissionsminderungen zu erhöhen – insbesondere im Hinblick auf den EU CBAM – und um ab 2026 an den EU-Grenzen nachweisen zu können, dass chinesische Unternehmen bereits innerhalb Chinas für ihre CO2-Emissionen bezahlt haben, führt das Land ein nationales System zur Verwaltung von CO2-Fußabdrücken ein. Dieser Schritt markiert einen bedeutenden Meilenstein in Chinas Strategie zur Dekarbonisierung. Einhergehend mit dem kürzlich veröffentlichten einheitlichen Bewertungsrahmen und Prüfmechanismus für das CO2-Fußabdruck-System will die Regierung nicht nur die Harmonisierung mit internationalen Standards fördern, sondern auch eine nahtlose Integration in globale Märkte ermöglichen. Insbesondere für Produkte wie Batterien, die zunehmend strikten EU-Vorgaben unterliegen, ist dies bedeutend. Dieses System, das 2027 in Kraft treten soll, umfasst Standards zur Messung des CO2-Fußabdrucks für rund 100 Schlüsselprodukte – von Strom und Zement bis hin zu Wasserstoff und Lithiumbatterien. Bis 2030 sollen die Standards auf etwa 200 Produkte ausgeweitet werden, begleitet von der Entwicklung einer „hochwertigen Datenbank für CO2-Fußabdruckfaktoren“. Ziel ist es, Transparenz zu schaffen und die internationale Wettbewerbs­fähigkeit chinesischer Produkte zu sichern, unter anderem angesichts der Nachweispflichten des europäischen CBAM.

Chinas CO2-Fußabdruck-System ist bemerkenswert, da es über die bloße Erfassung von Emissionen im Produktionsprozess hinausgeht. Das EU ETS und auch CBAM berücksichtigen nur Emissionen, die im Produktionsprozess eines Produktes entstehen. Das chinesische System bezieht sich auf den gesamten Lebenszyklus eines Produkts – von der Rohstoff­gewinnung über die Fertigung bis hin zu Gebrauch und Entsorgung. Bei fortgeschrittenerer Entwicklung ermöglicht ein solch umfassender Ansatz nicht nur eine genauere Messung von Emissionen, sondern auch die Stärkung der chinesischen Position in der internationalen Klimapolitik.

Ausblick: Kooperation bleibt essenziell

Chinas Bemühungen zur Steigerung der Transparenz im Umgang mit CO2-Emissionen markieren einen entscheidenden Schritt in der Weiterentwicklung seiner Klimapolitik. Im Vergleich zu europäischen Ansätzen, die sich auf Regulierungen wie den CBAM konzentrieren, verfolgt China im Emissions-Management eine umfassende und langfristige Strategie, deren Umsetzung noch einige Jahre, wenn nicht Jahrzehnte benötigt. Diese parallelen Entwicklungen zeigen, wie wichtig und dringend globale Standards im Klimaschutz und Handel sowie der beständige Austausch dazu für die Messung und Regulierung von Kohlenstoffemissionen sind. Allerdings bleibt die Einigung auf eine gemeinsame Grundlage für den CBAM und die Harmonisierung von Standards zur CO2-Erfassung ein schwieriges Unterfangen. Diese Punkte sind nicht nur technisch komplex, sondern auch politisch sensibel, da sie Handel und Wettbewerbsfähigkeit betreffen. Sollte es der EU und China wirklich gelingen, eine gemeinsame Basis für Handel und Klimaschutz zu finden und somit grün tatsächlich als die kennzeichnende Farbe ihrer Beziehung etablieren, könnten sie nicht nur ihre bilateralen Beziehungen stärken, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zur globalen Klimapolitik leisten.



Literatur

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Myllyvirta, L. 2024 (Januar 25): Analysis: Clean energy was top driver of China’s economic growth in 2023. Centre for Research on Energy and Clean Air. https://energyandcleanair.org/analysis-clean-energy-was-top-driver-of-chinas-economic-growth-in-2023/

Pawlik, W. 2024 (September): China – Stromerzeugung nach Energieträger 2023. Statista. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1495796/umfrage/struktur-der-stromerzeugung-in-china-nach-energietraeger/

Ritchie, H./Rosado, P./Roser, M. 2023: CO2 and Greenhouse Gas Emissions. Our World in Data. https://ourworldindata.org/co2-and-greenhouse-gas-emissions

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