Der Autor

Uwe Schwabe arbeitet seit 1994 bei der Stiftung Haus der Geschichte/Zeitgeschichtliches Forum Leipzig und ist Vorstandsvorsitzender des Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. Vor der Friedlichen Revolution 1989 war er in verschiedenen oppositionellen Gruppen aktiv.

Ziviler Ungehorsam und Zivilcourage

Die Folgen des Lebens in der jahrzehntelang abgeschotteten Diktatur der DDR werden bis heute wenig thematisiert. Diejenigen, die dort Zicilcourage gezeigt, Widerstand geleistet und diese Diktatur damit letztendlich zum Einsturz gebracht haben, verdienen heute mehr Respekt, Achtung und Anerkennung. 

Wir feiern im nächsten Jahr den 35. Jahrestag der Friedlichen Revolution und den 34. Jahrestag der Deutschen Einheit. Viel wurde in den letzten Jahren über die Probleme und Verwerfungen nach der Wiedervereinigung geschrieben und erzählt. Ich muss aber leider die unter Ihnen enttäuschen, die jetzt von mir erwarten, dass ich in den Kanon jener einstimme, die meinen, dass an allen tatsächlichen oder vermeintlichen Missständen stets die bösen „Wessis“ und die etablierten Parteien schuld waren, die „Kolonialisierung“, „Deindustrialisierung“, Erniedrigung und Demütigung brachten. Die harsche Kritik am „Westen“ wurde vor allem zu Beginn der 1990er Jahre parteipolitisch von der PDS/Die Linke mitgetragen und die weitverbreitete Mentalität, die da oben sollen meine Probleme endlich einmal regeln und lösen, unterstützt. Die Haltung, bloß nicht bei sich selbst nach der eigenen Verantwortung zu fragen, war für viele bequem. Die Ostdeutschen waren die Opfer. Früher die Opfer des Kommunismus, heute Opfer der Wende, der Treuhand und des kapitalistischen Systems. Heute nutzt dieses Narrativ vor allem die AfD mit ihren Losungen und ihrer Wahlwerbung „Wir sind das Volk“ und „Vollende die Wende“. Damit wird einerseits unterstellt, die Revolution von 1989 sei nicht erfolgreich gewesen. Andererseits wird behauptet, in der Bundesrepublik herrschten heute letztendlich ähnliche Verhältnisse wie damals in der DDR – einem Unrechtsstaat. Was wir dieser einseitigen Erzählung entgegensetzen müssen, ist eine multiperspektivische Betrachtung der DDR und des Transformationsprozesses. Wir können den Transformationsprozess heute nicht losgelöst vom Unrechtsstaat DDR betrachten, vom Alltag in der DDR, von der katastrophalen Wirtschaftslage, der stark zerstörten Umwelt und Bausubs­tanz, von Anpassung und Verweigerung, Verantwortung und Versagen, von Widerspruch, Zivilcourage, zivilem Ungehorsam bis hin zum Widerstand.

Widerstand für Demokratie und Rechtsstaat

Die Revolutionen der Jahre 1989 bis 1991 in Mittelosteuropa und der DDR führten zum Sturz des Kommunismus, zum Ende des Kalten Krieges, leiteten eine globale Zeitenwende ein und ermöglichten die weitere Einigung Europas. Vielen Menschen in der ehemaligen DDR und anderen mittelosteuropäischen Ländern, die Zivilcourage und Widerstand geleistet haben, ging es um die Einforderung elementarer Grund- und Menschenrechte, die tagtäglich mit Füßen getreten wurden. Ihren Wunsch nach Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und der Einhaltung der Bürger- und Menschenrechte haben viele mit Verfolgung, Exil, Gefängnis oder dem Tod bezahlt.…

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