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Die Autorin

Dr. Gudrun Wacker ist Non-Resident Senior Fellow in der Forschungsgruppe Asien der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

Wandel, aber keine Zeitenwende

Die Beziehungen zwischen der EU und China

Die Haltung in der EU zu China hat sich seit 2010 gewandelt. Ausschlaggebend dafür waren Veränderungen in China selbst unter der Führung von Xi Jinping, die prononcierter werdende sino-amerikanische strategische Rivalität, die globale Pandemie COVID-19 und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. In Reaktion auf diese Entwicklungen hat die EU einen Instrumentenkasten entwickelt, der die Stärkung der Resilienz und die Verminderung der Abhängigkeiten von China zum Ziel hat – keine leichte Aufgabe.


In den letzten 15 Jahren haben sich die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und China qualitativ verändert, ein zunächst fast unmerklicher Prozess, der dann aber Fahrt aufnahm. Zu diesem Wandel und dem Umdenken auf europäischer Seite trugen mehrere Faktoren bei: die Veränderungen in Chinas Innen- und Außenpolitik nach der Amtsübernahme Xi Jinpings, die sich herausbildende strategische Rivalität zwischen USA und China, die globale Pandemie und schließlich der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Diese vier Faktoren wirkten sich in den Mitgliedstaaten der EU unterschiedlich aus. Die veränderte Wahrnehmung Chinas führte zu einer Reihe konkreter Maßnahmen und Verordnungen seitens der EU-Institutionen und in Mitgliedstaaten. Im China-Strategiepapier der EU aus dem Jahr 2019 wurde die Volksrepublik erstmals als „Kooperationspartner, Wettbewerber und systemischer Rivale“ bezeichnet. Die Gewichtung der drei Dimensionen hat sich seither nochmals in Richtung Systemrivalität verschoben.

Gründe für eine veränderte Haltung der EU gegenüber China: Die Volksrepublik China unter Führung Xi Jinpings

Die globale Finanzkrise 2008/2009 hat in Chinas politischer Elite zu Zweifeln an der Funktionalität west­licher Demokratien und Finanzsysteme geführt. Mit Xi Jinpings Übernahme der höchsten politischen Posten setzte nicht nur eine Machtkonzentration in der bis dahin „kollektiven Führung“ auf die Person des Partei- und Staatsoberhauptes ein, sondern auch ein weit selbstbewussteres Auftreten nach außen und die Formulierung ehrgeiziger Ziele, die China bis Mitte des Jahrhunderts erreichen will.

Mit der Belt and Road Initiative lancierte China ein großangelegtes Infrastrukturprogramm, das Asien, Europa und Afrika durch Transport- und Wirtschaftskorridore umgestalten sollte und dies zum Teil auch erreicht hat. Für Schlüsselbereiche der chinesischen Industrie wurden im Jahr 2015 mit „Made in China 2025“ ambitionierte Vorgaben formuliert. Gleich­zeitig trat das Thema nationale Sicherheit – sehr breit definiert – in den Vordergrund und schlug sich in einer ganzen Serie von neuen Gesetzen nieder, die u. a. auch ausländische Unternehmen und Nicht­regierungsorganisationen in China betreffen. Gestützt auf neue Technologien wurde die staatliche Überwachung der Bürger vorangetrieben; die kommunistische Partei hielt wieder Einzug in den Unternehmen. Für…

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