Russlands Ressourcen
Der Fall Russlands belegt, dass ein Land, das einseitig auf Ressourcen setzt und aus politökonomischen Gründen nicht bereit ist, seine Wirtschaftspolitik der globalen Umweltpolitik anzupassen, auf einen Konflikt zusteuert. Die Ukraine spielt für den Erhalt der russischen Rohstoffdominanz über den Westen eine entscheidende Rolle, denn sie verfügt über eine Vielzahl von Ressourcen und Reserven, die zu denen Russlands spiegelbildlich sind.
Mit der Energiewende, faktisch beginnend mit den Kyotoprotokoll des Jahres 1997, wurde das Ende des Geschäftsmodells solcher Länder eingeläutet, deren Wohlstand weitgehend auf der Förderung und dem Verkauf von fossilen Brennstoffen beruht. Die Sowjetunion hatte infolge der Ölpreiskrise Anfang der 1980er und 1990er Jahre den Zusammenbruch der Volkwirtschaft erfahren, der wiederum zum Zerfall des Staats führte – für Präsident Putin die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Erst die Stabilisierung des Markts für fossile Energieträger erlaubte Russland das Sanieren der Staatsfinanzen. Mit dem großtechnischen Einsatz des Frackings kam die nächste Preiskrise – für Präsident Putin mehr als eine Nebenwirkung US-amerikanischer Energiepolitik. Die abzusehenden globalen Umweltregulierungen mussten auf Russland wie eine Kriegserklärung wirken. Erst mit dem Beginn des russischen Ukrainekriegs stabilisierte sich das stark oszillierende Preisgefügte nach oben. Abbildung 1 zeigt die historischen Zusammenhänge.
Eine Reihe von Ländern des Mittleren Ostens begann in den letzten 20 Jahren, massiv in den Umbau ihrer Volkswirtschaften zu investieren. Allerdings bestehen ökonomische Grenzen der Geschwindigkeit für derartige Modernisierungsstrategien infolge einer begrenzten Absorptionsfähigkeit der Wirtschaft. Russland nahm einen anderen Weg und konnte, vor allem über das neue Pipelinesystem North Stream, erfolgreich seine Lieferbeziehungen vor allem nach Europa über langfristiger Lieferabkommen stabilisieren und sogar ausbauen. Dies stellte zugleich den Versuch dar, die Staatsausgaben, die in erheblichem Maße von den Einnahmen aus dem Verkauf von Gas, Kohle und Erdöl abhängen, zu verstetigen. Tatsächlich baute das Land aus den Budgetüberschüssen sogar massiv finanzielle Reserven auf, um seine Anfälligkeit bei künftigen Krisen zu verringern.
Wegen des Überfalls auf die Ukraine wurde Präsident Putin in vielen Medien und seitens manch politisch Verantwortlicher als verrückter, irrationaler Aggressor dargestellt. Dieser Sicht wird hier nicht gefolgt. Vielmehr wird argumentiert, dass sein Handeln einer Logik folgt, die auf eine paradoxe politische Disposition des Westens trifft, der infolge der Schwäche Russlands in den 1990er und 2000er Jahren keine Notwendigkeit sah, eine sorgsame Lageanalyse über die Folgen des eigenen Handelns aufzubereiten. Dabei wird der Sicht von Carl von Clausewitz (1832) gefolgt, dass das Politische der Zweck ist, der Krieg nur ein Mittel, und dass dieses Mittel nie ohne…
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