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Der Autor

Dr. Matthias Springborn ist wissenschaftlicher Mitar­beiter und Postdoc am Leibniz-Institut für Bildungsmedien | Georg-Eckert-­Institut (GEI). Im Rahmen des Verbundprojekts „Das Objekt zum Subjekt machen. Jüdische Alltagskultur in Deutschland vermitteln“ erforscht er die Darstellungen vom Judentum und jüdischer Geschichte in deutschen Bildungsmedien sowie populären Geschichtsmagazinen.

Geldverleiher im Mittelalter?

Herausforderungen bei der Darstellung von Jüdinnen und Juden, vom Judentum und von Israel in Schulbüchern

Die Darstellung jüdischer Geschichte und Kultur in deutschen und österreichischen Schulbüchern weist trotz Fortschritten weiterhin stereotype und problematische Aspekte auf, wie eine übermäßige Betonung des „jüdischen Geldverleihers“ im Mittelalter. Eine kontinuierliche Verbesserung und ein stärkeres Monitoring sind notwendig, um jüdisches Leben authentisch und nicht diskriminierend darzustellen.

In den letzten Jahren wurden verschiedene wissenschaftliche Forschungen zur Darstellung von Jüdinnen und Juden, vom Judentum und von Israel in deutschen oder österreichischen Schulbüchern veröffentlicht (Liepach/Geiger 2024; Georg-Eckert-Institut 2023; Brom u. a. 2022; Dt.-Isr. Schulb.-Kommission 2017; Liepach/Sadowski 2014). Während sie durchweg zu dem Ergebnis kommen, dass allgemeine Diffamierungen gegenüber Juden und offen judenfeindliche Inhalte in den untersuchten Schulbüchern (fast) nicht vorkommen, zählen hingegen eine ganze Reihe problematischer Befunde zu den Erkenntnissen, die ein Großteil dieser Studien den Bildungsschaffenden und -vermittelnden zur verbesserten Umsetzung auf den Weg gegeben haben. Dabei ist es nicht so, dass diese Untersuchungen ausschließlich neue Problematiken in den Darstellungen identifiziert hätten. Ein Teil der Darstellungsweisen steht bereits in einer längeren, Jahrzehnte zurückreichenden Tradition, die deshalb auch bereits in älteren Schulbuchstudien, wie etwa in den Untersuchungen der ersten Deutsch-Israelischen Schulbuchkommission (Georg-Eckert-Institut 1985), thematisiert wurden. Hierbei handelt es sich etwa um hartnäckige Stereotype, unzureichend dekonstruierte antisemitische Originalquellen, missverständliche sprachliche oder multimodale Konstruktionen, die Wiedergabe fehlerhafter Informationen (auch über Antisemitismus), das Evozieren von Fremdheit sowie um mangelhaft repräsentative Multiperspektivität. Leider ist diese Listung nicht vollständig.

Wessen Perspektive fließt ein? Was wird als typisch und authentisch konstruiert?

Die multiperspektivische Präsentation und Diskussion von Inhalten, mit dem Ziel der Förderung historisch-kritischer Urteilsfähigkeit, spielte in Schulbüchern aus der Zeit des Kalten Krieges kaum eine Rolle. Dieses Konzept hat erst in den letzten Jahrzehnten zumindest in westliche Schulbücher Einzug gehalten, wobei der verfügbare Platz im Medium, höhere Kosten und erforderliche zusätzliche Zeitressourcen bei der inhaltlichen Erstellung sowie der Vermittlung ihm enge Grenzen setzen. Dementsprechend kann es nicht verwundern, wenn die Umsetzung des sinnvollen Konzepts oft nur in Ansätzen gelingt und bezüglich der Darstellung jüdischer und israelischer Geschichte auch zu problematischen Konstruktionen führen kann. So ist es etwa in heutigen…

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