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Der Autor

Daniel Ewert ist Soziologe und wissenschaftlicher Mit­arbeiter an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Er war in den Forschungsprojekten zu „Risiken und Chancen von Einsamkeit in der digitalen Lebens- und Arbeitswelt Sachsen Anhalts“ sowie „Wohnformen und soziale Netzwerke und deren Einfluss auf Einsamkeitserfahrungen“ tätig.

Die Autorin

Prof. Dr. Heike Ohlbrecht ist Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeine Soziologie/Mikrosoziologie an der Otto-von-Guericke-Univer­sität Magdeburg und leitete die oben genannten Forschungsprojekte.

Das digitale Zeitalter der Einsamkeit?

Zum Zusammenhang von Einsamkeit und Digitalisierung

Seit einigen Jahren ist das Thema Einsamkeit aus der öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion nicht mehr wegzudenken. In diesem Zusammenhang werden Ursachen, Gefahren und Folgen (u. a. für Gesundheit und Demokratie) einer zunehmenden Vereinsamung diskutiert. Die Tonlage ist dabei durchaus alarmierend, so wird Einsamkeit beispielsweise als „Monster der Moderne“ (Zukunftsinstitut 2023) oder als „größte Volkskrankheit“ unserer Zeit (Stiftung Patientenschutz 2022) bezeichnet, die sich wie eine „stille Epidemie” (Terra X) verbreite. Auch wenn das Thema der Einsamkeit zyklisch immer wieder auftaucht, schon in den 1950er Jahren durch David Riesman (die einsame Masse) angesprochen wurde und Odo Marquardt ein Zeitalter der Einsamkeit zu Beginn der 1980er Jahre thematisierte, erfuhr der Einsamkeitsdiskurs erst durch die Covid-19-Pandemie im deutschsprachigen Raum eine entscheidende Zuspitzung. Seither ist das Publikationsvolumen stark angestiegen und politische Reaktionen wie z. B. die Initiierung eines Kompetenznetzwerks Einsamkeit und das Einsamkeitsbarometer der Bundesregierung (2024) folgten. Allerdings befindet sich die Einsamkeitsforschung hinsichtlich ihrer theoretischen Fundierung und bezüglich der Datengrundlage noch in ihren Anfängen (Ewert/Ohlbrecht 2024), denn es fehlen belastbare und vergleichbare Datensätze und darüber hinaus fehlt eine begriffliche Schärfung des Einsamkeitsphänomens.

Klassischerweise wird Einsamkeit als Resultat einer subjektiven Diskrepanz zwischen der Qualität der sozialen Beziehungen eines Individuums und seinen Beziehungserwartungen verstanden (Perlman/Peplau 1981), diese Definition – wenn sie auch sehr eingängig ist – führt zu einigen Unschärfen. Empirische Arbeiten geben Hinweise darauf, dass sich das Einsamkeitserleben nicht in eben jenen Differenzdefinitionen erschöpft und sich nicht zwangsläufig auf die Beschaffenheit sozialer Netzwerke beziehen muss. Auch wenn die Datenlage schwierig ist, zeigt sich dennoch eine Zunahme der Einsamkeit. Für Deutschland gibt das Statistische Bundesamt (2022) an, dass sich 16 % der Gesamtbevölkerung und 24 % der jungen Erwachsenen oft einsam fühlen. In diesem Zusammenhang wird sehr schnell das Thema der Digitalisierung als ein möglicher verursachender Faktor von Einsamkeit diskutiert. Im Folgenden möchten wir den Forschungsstand zum Zusammenhang von Digitalisierung und Einsamkeit kurz beleuchten und mit eigenen empirischen Daten vergleichend diskutieren.


Ein Schlaglicht auf den Forschungsstand zum Verhältnis von Digitalisierung und Einsamkeit

Auch der Themenkomplex Einsamkeit und Digitalisierung erfuhr im Rahmen der Covid-19-Pandemie und der notgedrungenen sowie rapiden Umstellung auf digitale Formen des gesellschaftlichen Lebens und Arbeitens (Stichwort Homeoffice oder -schooling) eine größere Aufmerksamkeit. Die Forschungslandschaft gestaltet sich insgesamt…

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