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Die Autorin

Prof. Dr. Doris Fischer ist Inhaberin des Lehrstuhls China Business and Economics an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Blindflug vermeiden, mehr Kooperation wagen

Im Zuge des ökonomischen Aufstiegs Chinas entstehen neue Abhängigkeiten. Wie ist damit umzugehen? Soll Deutschland die Kooperation intensivieren oder sich entkoppeln?

Deutschlands Beziehungen zu China waren und sind vielfältig, wobei die wirtschaftliche Kooperation ein besonderes Gewicht hat. Gegenwärtig leidet die deutsche Wirtschaft unter der schwächelnden Konjunktur in China und wachsender Konkurrenz von dort, während der zweite wichtigste internationale Wirtschaftspartner, die USA, unberechenbarer wird (ifo Institut 2024). Industrien, auf denen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zum großen Teil aufgebaut hat (Automobil, Maschinenbau), sind besonders betroffen. Erschwert wird die Lage durch geo- und sicherheitspolitische Dyna­miken, welche rein wirtschaftliche Überlegungen zunehmend überlagern.

Unternehmen, die gut darin waren, die Vorteile der Globalisierung über immer granularer optimierte Wertschöpfungsketten und eine größere Präsenz in China auszuschöpfen, verdauen noch die Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Da die öffentliche Meinung zunehmend kritisch auf China blickt und die Politik Abhängigkeiten von China fürchtet, werden Unternehmen, die mit oder in China engagiert sind, vermehrt formal (z. B. China-Strategie der Bundesregierung, Liefer­kettensorgfaltsgesetz) und medial aufgefordert, sich von diesem für sie so wichtigen Handelspartner und Produktionsstandort zu distanzieren. Alternativ werden dafür die neudeutschen Schlagworte „De-Coupling“ und „De-Risking“ ins Spiel gebracht. Dieses geschieht ungeachtet der Tatsache, dass deutsche Konsumenten auf chinesischen und internationalen, digitalen Einkaufsplattformen gerne Produkte kaufen, deren günstige Preise oftmals erst durch das chinesische Wirtschaftsmodell ermöglicht werden. Und auch die deutsche Exportindustrie profitiert von günstigen Vorprodukten aus China.

Strategische Erwägungen des chinesischen Parteistaats

Der chinesische Parteistaat hat sich auf die aktuelle Lage vorbereitet, sie teilweise befeuert. Von der Vision einer Erneuerung chinesischer Macht als Teil des chinesischen Traums (2012), über das Programm „Made in China 2025“ (2015) bis zum Konzept der „zwei Kreisläufe“ (Dual circulation) (García-Herrero 2021) ist eine wirtschaftspolitische ­Linie erkennbar, nach der China technologisch in vielen Bereichen führend, vom Ausland weniger abhängig und im globalen Geschehen deutlich dominierender werden soll. Der chinesische Markt wiederum soll für ausländische Firmen so attraktiv und wichtig werden, dass diese bzw. die entsprechenden Regierungen Chinas Marktmacht als Einkäufer von Rohstoffen und Ressourcen einerseits und als Verkäufer von – vorzugsweise technologisch hochwertigen – Produkten ohne Murren akzeptieren. In politischen Konflikten soll diese Marktmacht vor Repressionen schützen. Partei und Regierung sind einerseits…

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