Bücher für den Politikunterricht - POLITIKUM 1/2025
Thomas Goll (Hg.): Kontroversität. Grundlage und Herausforderung
(nicht nur) der politischen Bildung.
Wochenschau Verlag: Frankfurt/M. 2024
Ist heute im Rahmen von Bildungsprozessen von Kontroversität die Rede, wird meist auf den Beutelsbacher Konsens verwiesen, der innerhalb der Politikdidaktik seit fast 50 Jahren eine wichtige Rolle spielt. Schon anlässlich seines 40-jährigen Jubiläums wurde 2016 auf einer Tagung der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg versucht, Bilanz zu ziehen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob die drei Beutelsbacher Konsenssätze – Überwältigungsverbot, Kontroversitätsgebot und Befähigung zur Partizipation – in der (außer-)schulischen politischen Bildung immer noch Geltung beanspruchen. Zwar zeigten sich in den Diskussionen unterschiedliche Sichtweisen, der Konsens selbst wurde aber nicht grundlegend in Frage gestellt. In den letzten Jahren finden sich jedoch zunehmend auch kritische Stimmen. Zum einen wird gefragt, ob der Konsens nicht missverstanden oder instrumentalisiert werden könne, indem Lehrer:innen selbst glauben, sie müssten politisch neutral sein, oder indem diese scheinbare Neutralität von interessierter Seite eingefordert wird. Von der außerschulischen politischen Bildung wird befürchtet, dass das Kontroversitätsgebot einer Entpolitisierung Vorschub leiste, indem Aspekte von Macht und Herrschaft nicht hinreichend thematisiert und Kontroversität bezogen auf die Werte der liberalen Demokratie kurzgeschlossen würden. Vor diesem Hintergrund hat Thomas Goll, Hochschullehrer in Dortmund, ein Buch herausgebracht, dem die Beiträge einer Tagung des Initiativzentrums für politische Bildung und kommunale Demokratie (IZBD) an der TU-Dortmund zu Grunde liegen. Angesichts der aktuellen politischen Debatten und der zunehmenden Polarisierung in der Gesellschaft schien das Thema „Kontroversität“ wie kaum ein anderes geeignet, die im Zentrum vertretenen Fachperspektiven zusammenzubringen, schreibt Goll in seinem einführenden Beitrag. Dieser bildet gleichzeitig den Rahmen, in dem sich neben der Politikdidaktik auch andere Disziplinen wie Demokratiepädagogik, Religionspädagogik, Kunstwissenschaft, Mediendidaktik und Erziehungswissenschaft verorten konnten.
Der Beitrag von Monika Oberle „Grenzenlose Kontroversität“ schließt daran an. Die Grenzen von Kontroversität sieht sie in den demokratischen Grundwerten sowie im didaktischen Prinzip der Wissenschaftsorientierung, das am Beispiel der politischen Bildung für Nachhaltige Entwicklung verdeutlicht wird. Douglas Yacek weitet den Blick auf die internationale Ebene; er analysiert die internationale Kriteriendebatte und konfrontiert sie mit dem Kontroversitätsprinzip des Beutelsbacher Konsenses.
Nach diesen Grundlagenbeiträgen folgen im zweiten Teil „Anwendungsfälle“ von Kontroversität, die eher fachspezifisch und praxisorientiert sind. Barbara Welzel setzt sich vor allem mit der…
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